Trauma und Yoga – Wie Yoga bei der Heilung von Trauma helfen kann - TINT Yoga

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| 22.12.2021

Trauma und Yoga – Wie Yoga bei der Heilung von Trauma helfen kann

Hast du dich schon einmal näher mit dem Thema Trauma beschäftigt? Leider wird dieses Thema in der öffentlichen Diskussionskultur immer noch sehr wenig besprochen. Und das obwohl mehr und mehr wissenschaftliche Erkenntnisse über die Entstehung von Trauma, und wie man es heilen kann, verfügbar sind.

Ähnlich wie in der breiten Öffentlichkeit ist die Integration von traumasensitiven Ansätzen auch in der Yogawelt bislang noch ein Nischenthema. Dieser Artikel soll dazu dienen, die Wirksamkeit von Yogaübungen im Kontext von Traumaerfahrungen näher zu beleuchten.

Dieser Artikel ist der erste Teil einer zweiteiligen Artikelserie zum Thema Yoga und Trauma. Der nachfolgende Artikel wird sich um das Thema des Unterrichtens von traumasensitiven Yogaklassen drehen.

1. Warum jede:r wissen sollte, was Trauma ist

Warum ist es wichtig für Yogalehrer:innen (und Schüler:innen) über Trauma Bescheid zu wissen?

Trauma-Spezialisten empfehlen Schulungen zu Trauma in allen möglichen Bereichen. Dies umfasst neben unterschiedlichsten Berufsgruppen vom Schulangestellten bis zur Vollzugsbeamtin auch all jene, die in der Gesundheits- und Wellnessbranche arbeiten.

Die Empfehlung gilt also auch für Yogalehrende. Das Wissen über den Umgang mit diesem sensiblen Thema kann nicht nur dabei helfen Traumasymptome zu lindern, sondern kann sogar der Manifestation von Trauma im ersten Schritt vorbeugen.

Schauen wir uns das also einmal genauer an.

1.1 Was ist Trauma?

Der Begriff Trauma kann bisweilen recht verwirrend sein. Die meisten Menschen denken dabei an schwerwiegende Ereignisse wie Kriege, Naturkatastrophen, Flucht, Unfälle oder (sexuelle) Gewalt. Andere denken an den häufig verwendeten Begriff bei medizinischem Trauma.

Letzteres verweist auf ein Trauma in Folge einer äußeren Krafteinwirkung – zum Beispiel durch Stürze, Schnitte oder andere Verletzungen. All diese Ereignisse enthalten Elemente von Schock oder Terror und haben das Potential für die Entstehung von Trauma. Im nächsten Schritt betrachten wir die unterschiedlichen Arten von Trauma etwas detaillierter.

Schocktrauma

In der aktuelleren Trauma-Wissenschaft umfasst der Begriff Trauma buchstäblich alle Ereignisse, die Schock, Terror oder andere Arten von Gefühlen, welche in der Folge Überforderung und Hilflosigkeit auslösen.

Dies kann auch etwas scheinbar „normales“ wie eine Trennung, Scheidung, der Tod eines geliebten Menschen oder eine medizinische Operation sein.

Es zeigt sich also, dass zur Entstehung von Trauma nicht notwendigerweise ein lebensbedrohliches Ereignis passiert sein muss. Diese Traumata sind sogenannte Schocktraumata. Es handelt sich um einmalige Situationen, welche die Kapazität unserer inneren Ressourcen überschreiten.

Als häufige Symptome können Flashbacks, Dissoziation, sowie eine ganze Reihe weiterer Symptome, allgemein bekannt als PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung), auftreten.

Entwicklungstrauma

Eine weitere Form von Trauma ist das sogenannte Entwicklungs- oder Bindungstrauma. In diesem Fall handelt es sich nicht um ein einmaliges Erleben von Angst, Überforderung und Hilflosigkeit, sondern um wiederkehrende Ereignisse, häufig auch über einen längeren Zeitraum hinweg.

Die meisten Entwicklungstraumata entstehen wenn einem Kind die Zuwendung, Pflege und das Vertrauen von ihrer Hauptbezugsperson fehlt.

Die veraltete Annahme, ein Baby sich selbst zu überlassen während es sich in den Schlaf weint, ist heute bekannt als ein kritischer Faktor bei der Entstehung von Entwicklungstraumata. Warum ist das so? Kleinkinder sind weder in der Lage sich selbst durch die Regulation ihres Nervensystems zu beruhigen, noch haben sie die Möglichkeit aus so einer Situation für die Zukunft zu lernen.

Aus der Sicht eines Kindes sind solche Situationen schlicht und einfach furchterregend. Da Kinder, im Vergleich zu Erwachsene, weniger innere Ressourcen zur Verfügung haben, ruft eine solche Situation zusätzlich ein Gefühl überwältigender Hilflosigkeit hervor.

Besonders (jüngere) Kinder sind sehr verletzlich gegenüber den Folgen traumatischer Erfahrungen. Foto Unsplash.

Entwicklungstraumata kommen allgemein häufiger vor als Schocktraumata. Die Symptome eines Entwicklungstraumas sind häufig nicht auf den ersten Blick erkennbar.

Sie können sich in Beschwerden wie Schlafstörungen, Ruhelosigkeit, Nervosität, Angstzuständen, Panikattacken, Launenhaftigkeit, Selbstverletzung, allgemeine Erschöpfung, Wutanfällen, Suchtmittelmissbrauch und Depressionen sichtbar machen.

Auf zwischenmenschlicher Ebene lässt sich häufig eine generelle Unfähigkeit, eine gesunde Verbindung zu sich selbst und/oder zu anderen aufzubauen, feststellen.

Trauma verstehen

Die Betonung bei all den oben genannten Symptomen liegt auf „können“. Obwohl die beschriebenen Situationen Potenzial für ein Trauma bergen können, scheinen manche Menschen mehr innere Ressourcen dagegen entwickelt zu haben.

Diese Ressourcen helfen ihnen, überwältigende Ereignisse zu verarbeiten und so zu verhindern, das sich ein Trauma überhaupt erst manifestiert.

„Trauma ist nicht das, was mit dir passiert.
Trauma ist das, was in dir passiert, als Folge dessen, was dir passiert ist.“

– Gabor Maté

Ein wichtiger Aspekt, um Trauma zu verstehen ist die Erkenntnis, das „Trauma nicht in dem Ereignis selbst steckt, sondern im Nervensystem angesiedelt ist“ (Peter A. Levine) und somit im Körper festgehalten wird.

Um es in den Worten des Traumaforschers Gabor Maté zu sagen: Trauma ist nicht das, was mit dir passiert.
Trauma ist das, was in dir passiert, als Folge dessen, was dir passiert ist.

1.2 Trauma und die Körper-Geist-Verbindung

Die Wurzel des Wortes ‚Trauma‘ ist Griechisch und bedeutet übersetzt ‚Wunde‘. Ein Trauma ist eine Wunde. Eine Wunde, die, sofern sie nicht gut geheilt wurde, Funktionsstörungen und Angst hervorrufen kann.

Da Körper und Geist untrennbar miteinander verbunden sind, findet sich jede emotionale Wunde im physischen Körper wieder. Ebenso wirkt sich jede körperliche Verletzung auf unser emotionales Befinden aus.

Ein einfaches Beispiel dafür ist unsere körperliche Reaktion auf das Gefühl, gehetzt zu sein oder sich beeilen zu müssen. Der Körper erhöht die Herzfrequenz, den Blutdruck und die Atemfrequenz, um mehr Energie freisetzen zu können.

Umgekehrt können wir oft beobachten, dass sich körperlich verletzte Menschen empfindlicher verhalten und sich vielleicht traurig oder verletzlicher fühlen.

Physische Verletzungen durch Schnitte oder Brüche sind für das Auge eher sichtbar, da sie im Körper aufgezeichnet werden. Dies kann in Form von Narbengewebe oder verkürzten Bändern geschehen. Diese Arten von Wunden werden in der Regel mit manuellen Therapien wie Physiotherapie behandelt. 

Die oft übersehenen Folgen eines ungelösten emotionalen Traumas sind jedoch auch im Körper aufspürbar. Meist sind sie durch körperliche Empfindungen erkennbar.

Mit Sicherheit hat fast jeder schon einmal in seinem Leben Empfindungen wie Herzschmerz, Bauchweh, Engegefühl, Anspannung oder Taubheit erlebt. Für traumatisierte Menschen ist dieses Gefühl nicht bloß vorübergehend, sondern eine ständige Begleiterscheinung, die meist unbehandelt und unerkannt bleibt.

In der Folge ist es wichtig zu wissen, dass jedes Trauma im Körper und nicht nur im Geist gespeichert ist. Dies zu verstehen ist der Schlüssel, um Trauma zu verstehen und zu heilen.

Zu verstehen, wie sich Trauma manifestiert (auch im Körper) ist der erste Schritt in Richtung Heilung. Artwork TINT.

Unser Körper ist wie eine Landkarte voller Orientierungspunkte, welche die Geschichte unseres Lebens erzählt. Auch die Geschichte dessen, was mit uns geschehen ist. Die Kapitel dieser Geschichte können in allen Geweben des Körpers gelesen werden.

Das können Faszien, Organe, Muskeln und Bänder sein. Aber auch in Form der Vernetzung des Nervensystems und der neuronalen Bahnen, die unsere Verhaltensmuster erklären, spiegelt sich diese Geschichte wider. 

Wenn man diese Schlussfolgerung weiterdenkt, bedeutet es, das man durch eine Veränderung des Körpers letztlich auch den Geist verändern kann. Somit eröffnet sich die Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen, die das eigene Leben verändern.

Dies geht jedoch nicht mit einem einfachen Fingerschnipp, sondern indem man sich auf eine (lebens)lange Reise einstellt. Yoga kann für dieses Vorhaben ein großartiges Werkzeug sein und dich auf dieser Reise begleiten.

1.3 Warum es wichtig ist, Trauma auch im Körper zu heilen

Heute ist es vor allem im Westen üblich, Traumata, die sich in der Psyche zeigen, bei einer Psychologin oder einem Psychiater zu behandeln. Gesprächs- und Verhaltenstherapien und/oder Medikamente stellen die Mehrheit der angewandten Therapien dar.

Der entsprechende Teil des Traumas, der sich im Körper befindet, wird jedoch oft vernachlässigt. Das soll nicht heißen, dass man keine Medikamente nehmen oder eine Gesprächstherapie machen sollte.

Da sich jedoch jedes Trauma im Nervensystem befindet, ist es von entscheidender Bedeutung, die Reizung des Nervensystems zu beruhigen und seine Wahrnehmung von Gefahr zu verändern, um das Trauma zu verarbeiten.

Das Nervensystem, das aus dem Gehirn, dem Rückenmark und einer Unzahl von Nerven besteht, ist Teil des Körpers. Daher ist es nicht nur wichtig – sondern auch relativ leicht zugänglich und einfach – durch Bewegung und Veränderung des Körperzustands mit der Auflösung von Trauma zu beginnen.

Die zentrale Idee hinter diesem Ansatz ist es, dem Körper zu helfen, die Energie freizusetzen, die während des überwältigenden Ereignisses im Körper stecken geblieben ist.

Unser Körper reagiert auf Stress hauptsächlich mit vier Reaktionen: Kampf, Flucht, Erstarren und Abschaltung. Eine gesunde Reaktion ermöglicht es uns, zu handeln und die Energie danach vollständig freizusetzen.

Wenn dies nicht möglich ist oder unterdrückt wird, bleibt diese Energie des Schocks und des Terrors wie Eingefroren im Körper

Ein Beispiel für eine misslungene Stressreaktion könnte die Unfähigkeit sein, wegzulaufen, weil man für einen medizinischen Eingriff festgeschnallt ist. Ein gesunder Energieabbau könnte dagegen ein unwillkürliches Zittern, Schütteln oder Weinen danach sein.

Wichtig ist, dass niemand diesen Prozess der Energiefreisetzung verbietet oder als unangemessenes Verhalten einstuft. Denn dies würde den Prozess unvermittelt abbrechen.

Weinen ist eine sehr normale und gesunde Reaktion des Körpers um Erlebtes zu verarbeiten – unabhängig vom Alter. Foto Pexels.

Überlebende von traumatischen Ereignissen erleben häufig eine Trennung oder Abspaltung von ihrem Körper oder bestimmten Teilen des Körpers. Das liegt daran, dass die Empfindung im Körper oder in einem bestimmten Körperbereich zu unerträglich ist, um sie jeden Tag zu spüren.

Der Körper unterdrückt die schmerzhafte Empfindung und geht in den Schutzmodus über, damit wir unser tägliches Leben überstehen können. 

In gewisser Weise ist es also eine sehr hilfreiche Reaktion, denn unser Körper versucht einfach, uns zu schützen. Dieser Gedankengang – dass unser Körper uns tatsächlich hilft und nicht gegen uns arbeitet – ist ein sehr zentraler Aspekt der Anerkennung von Traumata. Und der erste Schritt, um es zu heilen.

Die gute Nachricht ist, dass somatische (körperzentrierte) Visionäre wie Ida Rolf, Peter Levine und Moshe Feldenkrais einige sehr wirksame Methoden zur Überwindung von Trauma entwickelt haben. Diese Art der körperorientierten Traumatherapie arbeitet direkt mit dem Körper.

Dazu gehören Somatic ExperiencingⓇ und TREⓇ (Tension and Trauma Releasing Exercises) und andere. Auch eine regelmäßige Yogapraxis im Allgemeinen sowie traumasensible Ansätze im Yoga können unterstützend wirken.

2. Warum Yoga bei Trauma so wirksam ist

Bessel van der Kolk, Traumaforscher und Autor des Buches „Verkörperter Schrecken”, hat empirische Studien durchgeführt, die zeigen, dass Yoga bei der Linderung von Symptomen von PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung) und vielen anderen Traumasymptomen deutlich wirksamer ist als Medikamente oder Psychotherapie.

Der Hauptgrund dafür liegt in der beruhigenden Wirkung von Yoga auf das Nervensystem und den Körper. Weitere Effekte können auf den veränderten Zustand des Geistes und der Selbstwahrnehmung zurückgeführt werden.

In einer Welt voll äußerer Stressoren, hilft Yoga sich wieder mit dem Innern und dem eigene Körper zu verbinden. Foto TINT.

Als Nächstes werden wir uns im Detail mit den positiven Auswirkungen von Yoga in Bezug auf Trauma befassen. Doch bevor wir damit beginnen, ist es wichtig zu verstehen, welche potentiellen Hürden für traumatisierte Menschen während einer Yogastunde bestehen.

Dies ist die Grundlage, um Raum und Empathie für aufkommende Gefühle zu halten. Es ermöglicht uns auch, entsprechende Auswahlmöglichkeiten zu geben oder die eigene Reaktion in bestimmten Situationen besser einschätzen zu können.

Konkrete Tipps zum Unterrichten von traumasensitivem Yoga werden wir in Kürze in einem Folgeartikel veröffentlichen.

2.1 Mögliche Herausforderungen für eine traumatisierte Person während einer Yogapraxis

Da jeder Mensch sehr individuell ist, sind auch die Reaktionen auf ein Trauma sehr unterschiedlich. Die folgende Liste ist keineswegs erschöpfend, sondern soll eine erste Vorstellung geben, was zu erwarten sein könnte.

In einer Yogastunde könnten Menschen mit einer traumatischen Vorgeschichte Folgendes erleben:
Es fällt ihnen schwer, die Augen zu schließen, da sie sich nicht sicher genug fühlen

Bestimmte Haltungen können nicht lange gehalten werden, weil sonst unerwünschte Schmerzen, Gedanken, Gefühle oder andere Körperempfindungen aufsteigen.

Es scheint unmöglich auf ein bestimmtes Körperteil zuzugreifen, weil sie auf sensorischer Ebene nicht wissen, „wo es ist“. Dies könnte auf ein Taubheitsgefühl im Körper zurückzuführen sein.

Es entstehen Schwierigkeiten, ruhig und tief zu atmen. Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass der Atem flach und unruhig ist und die Konzentration auf den Atem Angst auslösen kann.

In der Stille zu sitzen oder zu liegen und den eigenen Gedanken nachzugehen, ist nicht leicht und kann beängstigend sein.

„Gewöhnliche“ Empfindungen können nicht nachvollzogen werden. Zum Beispiel das Gefühl, sich in Rückbeugen zu öffnen, weil sich der Körper eingeengt und angespannt anfühlt.

Wie bereits erwähnt, sind dies nur einige der Schwierigkeiten, die während einer Yogastunde auftreten können. Der Grund für diese Herausforderungen liegt hauptsächlich in der ständigen Anspannung des Nervensystems, welches im Überlebensmodus ausharrt.

Für einige kann bereits die scheinbar simple Anweisung in Savasana die Augen zu schließen eine große Hürde sein. Foto Unsplash.

Das Verständnis des Nervensystems und die Umprogrammierung der oben genannten Zustände wird sehr verständlich durch das Konzept der Polyvagal-Theorie erklärt. Dies wird das Thema des dritten Artikels in dieser Serie über Trauma und Yoga sein.

2.2 Positive Effekte von Yoga zur Traumaheilung

Wenn die meisten Menschen Yoga hören, denken sie an Asanas und Yogasequenzen. Häufig sogar daran, ihren Körper in seltsame Formen zu zwängen. Allerdings bezieht sich dies nur auf den rein physischen Aspekt der Praxis.

Jedoch ist Yoga so viel mehr als nur Asana, denn er umfasst auch Atemübungen (Pranayama), Meditation (Dhyana) und Achtsamkeitstechniken, Selbststudium, ethische Grundsätze und sogar spezielle Reinigungsprotokolle.

Die bereits erwähnte Studie von Dr. van der Kolk beschreibt die heilende Wirkung von Yogaübungen bei Trauma wie folgt: „Yoga kann die Funktionsfähigkeit von traumatisierten Personen verbessern, indem es ihnen hilft, körperliche und sensorische Erfahrungen, die mit Angst und Hilflosigkeit verbunden sind, zu tolerieren und das emotionale Bewusstsein und die Affekttoleranz zu erhöhen.“

Was heißt das genau?

Einfach gesagt, hilft Yoga:

… in einer Körperposition zu verweilen, während Gefühle aufkommen, aber auch ein bestimmtes Ende zu der Position zu finden. Auf diese Weise entsteht wieder ein Zeitgefühl und ein Gefühl von „auch das wird vorübergehen“. Es macht die Erfahrung vorhersehbar und gibt somit Sicherheit.

… den Körper nach einer bestimmten Struktur von Asanas zu bewegen. Dies kann helfen, Orientierung zu finden, aber auch Grenzen und einen Rahmen für die Erfahrung des Körpers zu setzen. Der Körper kann als ein Behälter erfahren werden, der alle Arten von Gefühlen fassen kann.

… den Atem als Mittel der Ruhe und des Gleichmuts einzusetzen. Dies verleiht dem Nervensystem eine neue, ruhigere Qualität.

… mit Hilfe von Achtsamkeitstechniken die eigene Geschichte reflektieren und neu gestalten.

… die Struktur des Bindegewebes durch nachhaltige Dehnungen zu verändern. Im Gegensatz zu anderen Bewegungsprogrammen kann Yoga die Muster der Faszien und, damit verbunden, die Muster der Emotionen verändern.

… eine tiefe Beziehung zum inneren sensorischen System zu entwickeln und sich so wieder mit dem Körper zu verbinden.

… neue Erfahrungen von Wachstum, Selbstvertrauen und Erfolg durch das Erlernen neuer Fähigkeiten zu machen. Dies ist äußerst wirksam, um die Perspektive der Opferrolle zu verändern.

tiefe Entspannungszustände wie Savasana oder Yoga Nidra, die zur Beruhigung des Nervensystems beitragen, sicher zu erfahren.

In diesem kurzen Video erklärt Dr. van der Kolk wunderbar, welche Wirkung Yoga auf Trauma hat.

Ein weiterer positiver Effekt von Yoga ist die allgemeine organische und fließende Bewegung, die im Gewebe festsitzende Energie freisetzt. Sie hilft, die Durchblutung zu steigern und das Gewebe für neue Erfahrungen zu öffnen. 

Auch das Abspielen von Musik während einer Yogastunde kann dazu beitragen, sich voll und ganz auf die Bewegung einzulassen und ein Gefühl der Lebendigkeit zu erfahren.

2.3 Die besten Yogastile zur Traumabewältigung

Wenn es um Yogastile geht, gibt es eigentlich nicht einen speziellen, der den anderen vorzuziehen wäre. Vielmehr gilt es verschiedene Aspekte jeder Praxis zu berücksichtigen, und entsprechend zu wählen, je nachdem, welches Ergebnis gewünscht ist.

Eher statische und therapeutische Yogastile wie Iyengar-Yoga können den Körper sehr gut unterstützen. Meistens werden die Positionen für etwa neunzig Sekunden gehalten.

Sobald die Muskeln die Möglichkeit haben, sich zu beruhigen, können auch die sich viel langsamer bewegenden Faszien beginnen, sich zu entspannen und zu verlängern.

Dynamischere Stile wie Vinyasa oder Ashtanga Yoga können jedoch dazu beitragen, die Körpertemperatur und die innere Wärme zu erhöhen. Somit kann festsitzende Energie befreit werden.

Dieses Festsitzen im Körper kann man sich wie eine Art Klebstoff vorstellen. Wenn man ihn erwärmt, kann man ihn leichter durch den Körper bewegen. Das kann sich auch positiv auf die Gesamtqualität der Faszien auswirken.

Häufig können meditativere Stile wie Kundalini Yoga oder Osho-Meditation hilfreich sein. Sie beinhalten oft viel Schütteln und sich wiederholende, meditative Bewegungen. Das Schütteln hilft, die eingefrorene Trauma-Energie freizusetzen.

TINT Lehrerin Faith Hunter ist durch ihre Studien vom Kundalini Yoga beeinflusst. Ihr Programm findest du hier. Foto TINT.

Sanfte Praktiken wie ruhige Sequenzen im Yin Yoga können genutzt werden, um Trauma-Themen in den tieferen Gewebeschichten zu begegnen. Durch längeres Halten können die Erfahrungen der aufkommenden Emotionen unterstützt werden. Gleichzeitig ist Yin Yoga sehr beruhigend für das Nervensystem im Allgemeinen.

Lass dich von Chris Su durch eine sanfte Yin Yoga Klasse begleiten, um Spannungen zu lösen. Foto TINT.

Unabhängig vom gewählten Yogastil ist Vorsicht geboten bei sehr ausdauernde Praktiken, die dazu auffordern, die eigene Grenze weit zu überschreiten. Eine Überschreitung der erträglichen Kapazität kann kontraproduktiv sein, da eine plötzliche und große Ablösung das Potenzial hat, erneut zu traumatisieren.

Es ist immer wichtig, die traumatische Energie langsam und in kleinen Mengen an die Oberfläche kommen zu lassen. Sei also immer sanft zu dir selbst.

Weitere Möglichkeiten der kreativen Energieabgabe finden sich in Aktivitäten wie Theater-Rollenspielen, Tanzen oder Spielen im Allgemeinen. Die Idee dahinter ist, die eigene Geschichte zu verändern und sich selbst auf neue Weise zu erleben.

„Wenn der Körper sich sicher fühlt, so fühlt sich auch der Geist sicher.“

– Bessel van der Kolk

Diese Veränderung wird jedoch nicht an einem Tag oder in einem Monat geschehen. Sie erfordert ein langfristiges Engagementfür sich selbst und für den eigenen Heilungsweg.

Unterschiedliche Menschen brauchen unterschiedliche Dinge, es gibt keine „Einheitsgröße“, und das Leben ist ein Experiment. Das gilt auch für die Heilung von Trauma: Es ist ein Experiment. 

Letztendlich geht es darum, einen Weg zu finden, um anzuerkennen, dass das, was geschehen ist, vorbei ist. Und ein Gefühl der Sicherheit im eigenen Körper zu finden. Denn wenn der Körper sich sicher fühlt, so fühlt sich auch der Geist sicher.

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